Information Individualpädagogik
31. Januar 2017, Jenne Riemann, Steffi Jöst, Catrin Fischer, Nicola Berthold

Beziehungsweise Bindung - Intensivpädagogische Hilfeverläufe unter der Lupe

Sieben Jugendliche mit traumatischen biographischen Erfahrungen, sieben Versuche sie mit intensiv-individualpädagogischer Arbeit im In- und Ausland aufzufangen:

Wie kann individualpädagogische Jugendhilfe junge Menschen dabei unterstützen, ein durch sie selbst und die Gesellschaft akzeptiertes autonomes Leben zu führen?Wie beschreiben und deuten die unterschiedlichen Beteiligten die gemeinsam gestalteten Hilfen und ihre Auswirkungen für die Jugendlichen und ihre Familien?Und welche Rückschlüsse lassen sich daraus für die soziale Arbeit ziehen?
Diesen Fragen geht die vorliegende Langzeitstudie nach, die sieben Fallbeispiele auswertet und die Ergebnisse in neue Forschungsfragen münden lässt.

Die Autorinnen und Autoren

Jenne Riemann, Jahrgang 1958lebt in Hamburg, ist verheiratet und Vater von zwei KindernDipl.-Sozialpädagoge (FH), Zusatzqualifikationen im Bereich Erlebnispädagogik (Outward Bound), systemische Beratung und Therapie, etc.seit ca. 20 Jahren in der Jugendhilfe tätig, hat langjährig eigene Projekte mit Jugendlichen durchgeführt (mobil und stationär)leitet für Jugendhilfe Phöinix e. V. das Hamburger Büro, ist als Koordinator und beratend mit Schwerpunkt Bindung und Trauma tätig
Steffi Jöst, Jahrgang 1966lebt in Lindau, Mutter eines SohnesAusbildung zur Verwaltungsfachangestellten, Studium der Sozialpädagogik, Dipl.-Sozialpädagoginmehrere Zusatzqualifikationen wie Erlebnispädagogik (Outward Bound), Leitung und Führung von sozialen Einrichtungen, Bindungsbasierte Beratung und Therapie sowie eine Ausbildung zur SAFE-Mentorin (Sichere Ausbildung für Eltern) und die Aufnahme eines Masterstudiums Sozialmanagementnach mehrjähriger Tätigkeit als Sozialpädagogin im Bereich der erlebnispädagogischen Reiseprojekte in Nordamerika, Kanada und Neuseeland sowie im südeuropäischen Raum Gründung des Jugendhilfe Phöinix e. V. im Jahr 1995seitdem Koordination und Leitung des Vereins, der sich auf individualpädagogische Maßnahmen sowie die konzeptionelle Weiterentwicklung in der Kinder und Jugendhilfe spezialisiert hat
Catrin Fischer, Jahrgang 1965lebt im Oderbruch, Mutter zweier erwachsener TöchterDipl.-Sozialpädagogin (FH), Systemische Beraterin (SG)berufliche Erfahrungen in den Bereichen Sozialplanung, empirische Sozial- und Praxisforschung, Berufsbildung, Projektmanagement, Team- und Organisationsentwicklungseit 2009 freiberufliche Teamberaterin, Coach, Dozentin, Supervisorin in sozialen Arbeitsfeldern
Nicola Berchtold, Jahrgang 1973lebt in Hamburg, Mutter von zwei Kindernstudierte Historikerin (M.A.)arbeitet als Lehrbeauftragte (Universität Hamburg) sowie Online-Journalistin und in Teilzeit in der Verwaltung für Jugendhilfe Phöinix e. V. durch ihren Lebenspartner, der als Betreuer in der individualpädagogischen Jugendhilfe arbeitet, vertraut gemacht mit der Betreuung von Jugendlichen im eigenen Haushalt

Aus dem Vorwort von F. Hartmut Paffrath.

Individualpädagogische Langzeitprojekte stehen häufig in der Kritik der Öffentlichkeit und werden auch in der Fachdiskussion kontrovers diskutiert. Sie unterliegen einem besonderen Legitimationsdruck.
Kritisiert werden die hohen Kosten sowie der enorme Zeitaufwand. Ausgewählte Negativbeispiele dienen als Beleg für ein verfehltes Modell. Dem Normalbürger sind Auszeiten auf den Philippinen oder in Thailand nur schwer vermittelbar. Reisen und Urlaub als Belohnung für Aussteiger oder Straftäter, statt ‚Law and order’!?
Deshalb geht es heute mehr denn je um die Glaubwürdigkeit und Legitimation der ‚finalen Rettungsprogramme’, ihre Verantwortbarkeit gegenüber der Gesellschaft, wie auch zugleich um die Rechtfertigung der eigenen Praxis, nicht zuletzt gegenüber den Betreuten selber. Lösen die Konzepte ein, was sie versprechen? Wie und wodurch wirken sie? Welche Angebote sind wann und für wen geeignet? 
Die Studie der Jugendhilfe Phöinix e. V. greift diese Fragen auf. In einer qualitativ angelegten Langzeituntersuchung stellt sie ihre intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen auf den Prüfstand.
Die exemplarisch dargestellten Fallbeispiele geben nicht nur Einblick in die konkrete Arbeit des Trägers, sondern öffnen darüber hinaus weiterreichende Perspektiven.
Das macht sie interessant und herausfordernd zugleich. Wie kann die Zielsetzung gelingen, schwer traumatisierte, randständige Jugendliche aus abgebrochenen Hilfemaßnahmen zu befähigen, ein durch sie selbst und die Gesellschaft akzeptiertes autonomes Leben zu führen?
Individuell gestaltete Arrangements sollen den komplexen heterogenen Lebenslagen der Jugendlichen gerecht werden und ihnen die Möglichkeit eröffnen, ihren Bedürfnissen und Interessen entsprechend neue Zielorientierungen sowie Handlungsweisen zu finden.
Dieser Weg ist nicht leicht, unstetig und immer wieder gefährdet – eine Gratwanderung wie die Biografien der heranwachsenden jungen Menschen selber: fragil, zerbrechlich.

Service