Veranstaltungen Individualpädagogik
5. September 2013, Köln

Buchpräsentation zum Leben im Ausland

Expertise „Ausland als Lebens- und Lernort. Interkulturelles Lernen in der Individualpädagogik.“

Am 05.09.2013 präsentierte Prof. Willy Klawe vor über 50 interessierten Zuhörern in Köln die Inhalte der jüngst erschienenen Expertise. Neben Vertretern von Jugendämtern, Mitgliedern des Bundesverband Individual- und Erlebnispädagogik e.V.(be) und der Bundesarbeitsgemeinschaft Individualpädagogik e.V. (AIM) waren Vertreterinnen des Bundesamtes für Justiz und Vertreter der Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland, IJAB zu Gast.

In vielen Einzelaspekten beschrieb Prof. Willy Klawe sehr eingehend wie die Rahmenbedingungen von Individualpädagogischen Hilfen im Ausland optimiert werden können und wie das berühmte „Schauen über den Tellerrand“ für die Individualpädagogik in Richtung Internationale Jugendarbeit und -begegnung ein breites Feld für interkulturelle Lernprozesse eröffnet, die nachhaltig dazu beitragen können, die in der Individualpädagogik angestrebten personalen und sozialen Entwicklungsziele zu erreichen. Die Ergebnisse der Expertise zeigen auf wie individualpädagogische Betreuung und interkulturelles Lernen sinnvoll miteinander verknüpft werden können und welcher Vorbereitung und Gestaltung es dafür bedarf.

In der sich anschließenden regen Diskussion ging es um Fragen wie:

  • Muss nach dieser Expertise nun die Zielgruppe der Auslandsmaßnahmen geändert werden?
    Oder steht in Zukunft zu erwarten, dass deutlich mehr Jugendliche an diesen Maßnahmen teilnehmen werden?
  • Interkulturalität haben wir doch auch überall in Deutschland – muss ich dafür ins Ausland
  • Ist nicht entscheidender die Frage nach der Passgenauigkeit der Hilfe als die Frage nach dem jeweiligen Land?
  • Aus der Sicht des Bundesamtes für Justiz ist eine ausreichende Vorbereitung der Maßnahmen wichtig und das es nicht zu einer „Abschieberei“ kommt. Angemerkt wurde, dass europäische Länder oft nicht recht verstehen, warum es für Kinder gut sein soll, das sie ihre Familien verlassen sollen. Der interkulturelle Aspekt hingegen wäre eher verständlich, wenn deutlich würde warum ein Kind in einem Land leben soll und diese Aussage auch was mit dem Land selber zu tun hätte.
  • Das Bundeskinderschutzgesetz fordert Partizipation der Beteiligten in den Betreuungsmaßnahmen. Die Konzeptionen, die noch ausschließlich von abgeschiedenen pädagogischen Provinzen und der sog. „Weglaufsperre“ im Ausland als Begründung sprechen, werden den Anspruch nach Partizipation und der entsprechenden Haltung hier einarbeiten müssen.
  • Die Vorbereitung von Maßnahmen im Ausland muss entschleunigt werden, so dass der Jugendliche sich freiwillig für eine solche Maßnahme entscheiden kann. Vorbereitung und Einstiegsphase vor Ort dienen zur Etablierung eines Arbeitsbündnisses mit dem Jugendlichen. Die Partizipation muss von Anfang an ernstgenommen werden und nicht erst als Fernziel für das Ende der Maßnahme gelten.
  • Die Rede war von großem Druck seitens der Jugendämter und Kinder- und Jugendpsychiatrien, der teilweise bei Trägern in der Weise ankommt, das Maßnahmen mitunter sehr zeitnah umgesetzt werden sollen. Außerdem werden Vorbereitungszeiten nicht zur Maßnahme dazu gezählt und dementsprechend nicht finanziert.
  • Die Theoriebildung ist noch zu gering entwickelt und sollte mehr in den Blick genommen werden.
  • Es wird gerne als Aufgabe der Individualpädagogik gesehen immer wieder neue Konzepte zu entwickeln um auf konkreten Hilfebedarf zu reagieren, zum Beispiel Konzepte für Übergangslösungen.
  • Der Kompetenznachweis International, den die IJAB vor Jahren entwickelt hat, ist eine sehr gute Möglichkeit auch für Kinder und Jugendliche in Auslandsmaßnahmen die erlernten Kompetenzen im non-formalen Bereich zu dokumentieren und zu bescheinigen. Diese Nachweise machen die erlernten Kompetenzen den Jugendlichen stärker bewusst, tragen zur Stärkung des Selbstwertes bei, werten jeden Lebenslauf deutlich auf und verschieben schlussendlich den Fokus hin zu mehr Bildung.

Zum Ende der Veranstaltung bestand noch deutlicher Gesprächsbedarf zum Thema, es wurde aber auch deutlich, dass die angeschnittenen Themen eher sehr an der Praxis orientiert waren und die vielen Aspekte der Expertise nicht wirklich alle andiskutiert werden konnten. Diese Diskussion um die Inhalte der Expertise wird nicht mit diesem ersten Einstieg zu Ende sein, sondern an vielen Stellen weiter gehen.

Eva Felka Armin Sievert
Bundesverband Bundesarbeitsgemeinschaft
Individual- und Erlebnispädagogik, be Individualpädagogik, AIM

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