Bundesarbeitsgemeinschaft Individualpädagogik

Erstmalig trafen sich hier FachkollegInnen, die sich einer gemeinsamen Idee, einem neuen pädagogischen Konzept, verpflichtet fühlten, und dieses in der Praxis schon konkret ein- und umsetzten.
 

Vielleicht waren wir acht; es können auch fünf gewesen sein. In der Erinnerung verblasst manch ein Eindruck, ein Gefühl. Was nicht verblasst, ist der Eindruck von Wille und Energie, der in diesem kleinen Büro nordwestlich von Köln, in dem das erste Treffen stattfand, deutlich wahrzunehmen war.

Erstmalig trafen sich hier FachkollegInnen, die, ohne es bis dato konkret zu wissen, sich einer gemeinsamen Idee, einem neuen pädagogischen Konzept, verpflichtet fühlten, und dieses in der Praxis schon konkret ein- und umsetzten. 

Manch einer in der Runde nannte dies Erlebnispädagogik, andere plädierten eher für den Begriff der Individualpädagogik. Alle waren sich jedoch einig in ihren Engagement und ihren Vorstellungen, die Chancen eines neuen Kinder- und Jugendhilferechtes, welches gerade eingeführt wurde, zu nutzen und dessen Forderungen in die Praxis umzusetzen.

Aus Interesse an der Sache und aus Spaß am fachlichen Austausch mit Gleichgesinnten entstand ein loses Treffen und daraus wiederum, als die Notwendigkeit zu Organisationsstrukturen bedeutsam wurde, der AIM – und später der AIM e.V.!

Erlebnispädagogik und Individualpädagogik – heute zwei unterschiedliche »Fachrichtungen« – sind zum Standardangebot der Jugendhilfe herangewachsen. Sie werden nicht mehr ausschließlich von der ständig wachsenden Anzahl »kleiner«, individuell arbeitender Jugendhilfeträger angeboten, sondern sind auch bei den großen Jugendhilfeeinrichtungen, den »Klassikern«, eine gern gesehene Ergänzung des traditionellen Angebotes insbesondere im Bereich der Hilfen zur Erziehung geworden.

Gerade Individualpädagogik ist – auch wenn der wissenschaftliche Beweis nicht oder nur schwerlich erbracht werden kann und bei Wirkungsanalysen einiges an Fragen offen bleibt – erfolgreich.

Viele Kinder und Jugendliche haben durch sie eine neue, oftmals die einzige Chance zur Gestaltung ihres Lebens bekommen. Viele, gerade die als besonders schwierig Eingestuften, haben diese Chance für sich genutzt, ihre Nische gefunden und gesellschaftlich akzeptiert besetzt. Viele hundert individuelle Konzepte wurden für einzelne Kinder und Jugendliche entwickelt und erfolgreich umgesetzt.

Dieses ist in der Fachwelt bekannt und deshalb ist die Nachfrage nach individualpädagogischen Angeboten auch in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten hoch. Innerhalb nur eines Jahrzehntes hat sich das Konzept durchgesetzt und ist zum – auch kontrovers diskutierten – Standard geworden. Individualpädagogik hat eine (fachliche) Erfolgsgeschichte geschrieben. Sie beruht, trotz des Einsatzes vieler, letztlich auf der Überzeugung und dem visionären Denken einiger weniger »Gründungsväter«. Denen soll an dieser Stelle der notwendige Respekt und die entsprechende Wertschätzung gezollt werden

  • Dr. Wiesner, der maßgeblich an der Entwicklung des KJHG beteiligt war, hat mit der Fest-schreibung des individuellen Hilfeanspruches erst die rechtlichen Grundlagen formuliert.
  • Wolfgang Liegel, der als damaliger Referent des Landesjugendamtes im Rheinland sich u. a. der Trägervielfalt und der Entwicklung von neuen, innovativen pädagogischen Konzepten zum Wohle der Hilfeempfänger verpflichtet fühlte. Durch seine persönliche Unterstützung konnten viele junge Fachkollegen eigene Organisationen und Einrichtungen gründen und da-mit den Grundstein für das heute vielfältige individualpädagogische Angebot legen.
  • Rainer Opladen, als Mitarbeiter des Landesjugendamtes Rheinland verantwortlich u. a. für fach- und dienstaufsichtsrechtliche Belange, der mit seiner Überzeugung der Bedeutsamkeit von individuellen Hilfekonzepten und seiner Forderung nach hoher fachlicher Qualität, so-wohl den Weg für die Gründung des AIM ebnete als auch die Türen für das neue Konzept in die einzelnen örtlichen Jugendämter öffnete.
  • Fachkollegen aus Nord- und Westdeutschland, die mit Engagement z. B. Fachtagungen und Vortragsreihen organisierten und damit erst einer breiten Fachöffentlichkeit Zugang zu den neuen Konzepten von Individualpädagogik verschafften. Ihnen gelang es auch, die notwendi-gen Mitarbeiter für die Umsetzung dieser Konzepte zu finden und zu begeistern.
  • Eine kleine Anzahl ungenannter FachkollegInnen in den öffentlichen Verwaltungen, die allen fachlichen, politischen und organisatorischen Widerständen zum Trotz, den Mut aufbrachten, zum Wohle der ihnen Anvertrauten die Konzepte einer individuellen, auf den Bedarf des Einzelnen gerichteten Pädagogik auszuprobieren und einzusetzen.

Ein Blick auf die Vergangenheit hilft zuweilen, die Gegenwart besser zu verstehen und unterstützt den Weg, Zukunft zu gestalten.

Herausforderungen im fachlichen wie im wirtschaftlichen Sinne, die zuweilen wie unüberwindliche Barrieren erscheinen, liegen vor den Protagonisten der Individualpädagogik.

Der Erfolg der vergangenen Jahre ist keine Garantie für den Bestand dieses Ansatzes in der Zukunft, die Rufe der ewig Gestrigen aber auch kein Anlass, Individualpädagogik im Verborgenen zu betreiben.

Pädagogik braucht Kreativität und Bereitschaft zur Veränderung. Ständig neue Entwicklungen und den sich daraus ergebenen Fragen bedürfen der verantwortlichen, intelligenten Bearbeitung und der Überprüfung und ggf. Verbesserung der Konzepte zum Wohle des Einzelnen.

Jugendhilfe und speziell auch die Hilfen zur Erziehung, stehen zum wiederholten Male vor einem Scheideweg. Die durch die Sozialgesetzgebung ausgelösten finanziellen Belastungen sind gesellschaftlich nur schwerlich zu verkraften. Der Rückhalt, das Verständnis in der Bevölkerung – und damit auch die Akzeptanz durch die Politik – für »dererlei pädagogische Experimente« ist sicherlich rückläufig.

Jugendhilfe muss und wird sich verändern. Dies kann und wird auch sehr wahrscheinlich dramatische Züge annehmen. Selbstverständlichkeiten werden hinterfragt und Anspruchshal-tungen revidiert werden müssen, soll die Kuh nicht geschlachtet werden, die bis dato nur ge-molken wurde.

Auch individualpädagogische Angebote werden sich neu positionieren. Die Frage nach fach-licher und wirtschaftlicher Qualität wird verstärkt in den Vordergrund rücken.
Der Bedarf nach gerechten, parteilichen Jugendhilfeangeboten ist trotzdem weiterhin un-gebrochen und die Lösungen der dahinter liegenden Probleme eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.

Der AIM und seine einzelnen Vertreter nehmen diese Herausforderung – im Sinne der oben erläuterten Idee – an. Er begreift sie als Chance für die Umsetzung von Überzeugungen und Visionen und als Möglichkeit, Innovationen in der Jugendhilfe erneut voranzutreiben.

Für den AIM e.V.
Jürgen Reinfandt
I.J.S. e.V.
AIM-Mitglied

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